Schüler ohne Noten

Weil viel Unterricht ausgefallen ist, wurden nicht alle Fächer zum Halbjahreszeugnis bewertet. Auch an der Grundschule in Schulzendorf nicht. Am späten Nachmittag des letzten Schultages fanden sich viele verärgerte Eltern in der Illgenstraße ein und wollten den Schulleiter sprechen. Der war natürlich nicht mehr da, man sagt, dass er bereits seine Skireise angetreten hat. Es war auch kein weiterer Lehrer mehr anzutreffen, natürlich nicht. Wenn Unterricht ausfällt, dann doch deshalb, weil die Lehrer fehlen. Sie fehlten eben auch am letzten Schultag. Nur die unwissende Putzfrau hat die Eltern in das Schulgebäude gelassen, konnte aber die vielen Fragen nicht beantworten.
Spontan veranstalteten die Eltern eine Begida-Demonstration (Brandenburger-Eltern-gegen-inakzeptablen-Deutschstunden-Ausfall). Sie wählten mehrere Sprecher, die aber alle nicht mit der Presse sprechen wollten. Immer wieder ertönten die Rufe „wir sind das Volk, wir sind das Volk“. Am Abend wuchs die zornige Menge auf 13 Personen an. Die Nachbarn alarmierten die Polizei, die nach zwei Stunden eintraf. Mit Mühe konnte die Hundertschaft die Demonstranten vom Schulgelände drängen.
Immer wieder kochte die Stimmung hoch. Ein dicker Mann mit Brille und gelber Windjacke stachelte die Menge an, zum Rathaus zu ziehen und dort weiter zu demonstrieren. Seltsam war, dass dieser Mann den Demonstranten mit seinem schwarzen VW-Van folgte und selbst nicht zu Fuß ging. Am Rathaus hat er dann die Begida-Demonstranten immer wieder fotografiert und sie lauthals zum Streik aufgefordert. Einige Demonstranten soll er überredet haben, Steine auf das Rathaus zu werfen, denn an dem Unterrichtsausfall kann doch nur Bürgermeister schuld sein. Der war aber auch nicht mehr im Rathaus. Zum Ende tauchte noch ein weiterer dicklicher Mann mit einem gelb-orangefarbenen Schal auf, der zu dem Mann in der gelben Windjacke gesagt haben soll: „Lass mal Micha, das reicht. Mach noch schnell ein Foto von mir, das wirst du dann wieder veröffentlichen.“
Die Eltern blieben allein zurück und bangen jetzt um die Zukunft ihrer Kinder. Ohne Zensuren werden die Kinder doch später keine Arbeit finden.

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